Landschaft
Martin & Christel Pusch
B.P. 82 - Maroua - Kamerun
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Erstellt am 10.07.2005

Lesen - [Französisch: Lire] - [Foulfoulde: Jangugo]

Wir ermutigen die Leute, mit denen wir hier in Kamerun Kontakt haben, gerne dazu, mehr zu lesen. Oft sind es Einzelne, die über ein Thema ins Nachdenken gekommen sind, und denen dann ein Gesprächspartner feht. Ein gut ausgewähltes Buch kann diesen fehlenden Gesprächspartner – zumindest teilweise – ersetzen.

Insgesamt gesehen spielen Bücher im Alltag der Leute hier aber eher eine untergeordnete Rolle. In den wenigsten Haushalten gibt es überhaupt Bücher. Warum eigentlich nicht?

Die Schulpflicht besteht noch nicht sehr lange. Entsprechend gibt es immer noch viele Analphabeten. Aber auch diejenigen, die lesen können, kapitulieren schnell vor einem Buch. Denn flüssiges Lesen beherrschen nur wenige.

Um Lesen und Schreiben zu lernen, müssen manche Volksgruppen erst einmal eine Fremdsprache lernen, also entweder Foulfoulde oder aber Französisch. Denn in ihren eigenen Stammessprachen gibt es in der Regel nur wenig bis keinerlei Literatur. Lesen findet also in der Regel in einer fremden Sprache statt, was eine zusätzliche Hürde für das Verstehen des Lesestoffes darstellt.

Ein anderer Faktor, der dazu führt, dass wenig gelesen wird, sind die Kosten. Wer für ein einfaches Buch zwei bis drei Tageslöhne auf den Tisch legen muß, überlegt sich diese Investition zweimal.

Schüler haben – abgesehen von einem Minimum an Schulbüchern – kaum Zugang zu anderer Lektüre.

Diese Gedanken haben uns dazu bewogen, nach und nach immer mehr Bücher anzuschaffen. Diese leihen wir Jugendlichen aus. Das Angebot wird gerne angenommen! Inzwischen füllen diese Bücher schon ein ganzes Regalbrett in unserem Wohnzimmer.

Ein Mädchen sucht ein Buch aus.
Ein Mädchen sucht ein Buch aus.

Dabei haben wir uns dagegen entschieden, offiziell eine Bibliothek einzurichten, mit Öffnungszeiten, einem Karteikasten und Ausleihfristen. Statt dessen sind es unsere eigenen Bücher, die wir verleihen. Und in der Regel kommen alle Bücher wieder zurück.

Es gibt noch andere Faktoren, die dazu führen, dass wenig gelesen wird. In einem afrikanischen Haushalt ist es schwierig, Momente der Ruhe zu finden, in denen man ungestört studieren kann. Das Leben als Grossfamilie lässt dazu keinen Raum. Und auch die Ausstattung vieler Haushalte ist nicht darauf ausgerichtet, Bücher und anderes Papier so aufzubewahren, dass es vor Wasser und Termiten sicher ist. Urkunden werden beispielsweise immer gleich auf dem Markt plastifiziert (laminiert), damit sie wenigstens einigermassen haltbar bleiben.

Trotz allem wird immer mehr gelesen, und, als Folge davon, auch mehr geschrieben. Doch die Entwicklung befindet sich erst am Anfang.

Christel und Martin